aussiedler
[ lüstige Geschichten aus dem Leben von Aussiedlern]
 
Verwandlung I

Als Grigorij Samsonow eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem Deutschen verwandelt.

Er lag auf seinem stark behaarten Bauch und hatte nicht die geringste Lust die Augen aufzumachen. Neben sich hörte er seine Frau Erika leise schnarchen. Grigorij konnte nicht begreifen, warum das Ganze ausgerechnet ihn erwischen sollte. Er beschloß erstmal nicht aufzustehen und schlief gleich wieder ein. Als er dann zum zweiten Mal aufwachte, war dieses Gefühl, er wäre jetzt ein richtiger Deutscher noch stärker als bevor. "Verdammte Scheiße!" - brüllte er wütend in sein Kissen und stand mit einem Sprung auf.

"Was hast du denn?" - fragte ihn seine Gemahlin, die von seinem lauten Fluch auch wach wurde. "Schlaf schön weiter, mein Schatz" - sagte er. Nur der Blick auf das zu einer Grimasse verzogene Gesicht seiner Frau half Grigorij aus dem Staunen herauszukommen, in das ihn seine eigene Antwort versetzt hat. Nicht, dass er sonst immer morgens übel gelaunt war - die Tatsache, dass er diesen Satz auf Deutsch sagte, dazu noch so akzentfrei, wie sonst in seiner Umgebung nur die Deutschlehrerin Frau Tropf sprach, und mit so einer schönen "Sprachmelodie", von der die Lehrerin so oft schwärmte - diese Tatsache machte die beiden einen Augenblick lang wortlos.

Ohne Risiko anzugehen, noch etwas von sich zu geben, schlich sich Grigorij ins Badezimmer. Was er dort im Spiegel sah, zwang ihm so schnell wie möglich die Tür abzuschließen und die Jalousien an kleinem Fenster herunterzulassen.




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